|
Leseprobe
"Stelldichein mit Literaten"
Ich suche einige der Orte auf, die er geliebt hat. Die Cafés der Altstadt; die kleinen Restaurants, in denen er Stammgast war. Ich versuche, mich in seine Welt einzufühlen. In einigen der Lokale stehen Fotos, die ihn als einen weltabgewandten Menschen zeigen. Er lebte zurückgezogen und einsam. Anderen gegenüber reserviert. Als Suchender schien er das Nicht-Finden gefunden zu haben. Dabei hatte er viel zu geben. Er war belesen wie kaum einer. Und er schrieb und schrieb; es wurde seine eigentliche Passion, nachdem er den Kontakt zu seinem früheren Leben abgebrochen hatte. Gemäß seinem Motto: "Literatur und Kunst ist der Beweis dafür, dass das Leben allein nicht genügt".
Er repräsentierte den ‚entpersonalisierten Menschen’ – die Auflösung des Individuums, das sich aus den traditionellen Bindungen befreit hat. Fortan beschäftigte er sich damit, seine jeweilige Identität zu verdoppeln, um sich schreibend immer wieder als ein Neuer zu erfinden. Die Texte, die er schrieb, handeln von dieser Ich-Auflösung, vom Erloschen-sein, von Fremdheit, Erschöpfung und immer wieder vom Selbstverlust und seinem Kampf, seine wahre Bestimmung zu finden.
<< Zurück
|